Lino Ventura

Lino Ventura (1919-1987) war der große Schweiger und lakonische Einzelgänger des französischen Unterweltfilms, hart im Auftreten, verschlossen und melancholisch, einsam mit dunkler Vergangenheit. Mit einem unbeugsamen Willen und unnachgiebigen Ehrenkodex ausgestattet, war Ventura eine der zeitlosen Ikonen des Polar, des Kriminalfilms französischer Prägung. Ventura begann als Ringer und wurde für die Rolle eines Gangsters an der Seite von Jean Gabin in dem stilbildenden "Wenn es Nacht wird in Paris" (1953) von Jacques Becker entdeckt. Seitdem war er bis zu seinem Tode eine beständige Größe als Killer, Gangster, Kommissar, Einbrecher oder alterndes Raubein. Venturas Melancholie und ambivalenter Fatalismus fanden ihren Höhepunkt in Jean-Pierre Melvilles legendärem Meisterwerk "Der zweite Atem" (1966), wo er nach einem Ausbruch aus dem Gefängnis Ruhe finden will, noch einmal in einen Coup getrieben, verraten und um seine Ehre gebracht wird und diese im Tod wiederherstellt. Für Melville war er auch der Résistance-Kämpfer in "Armee im Schatten". Venturas beste Rollen waren die Kommissare in "Der Clan der Sizilianer","Der Kommissar und sein Lockvogel", "Adieu, Bulle", "Das Verhör", der Juwelendieb in "Ein glückliches Jahr", der Inspektor, der in "Die Macht und ihr Preis" einen Staatsstreich aufdeckt, der Agent im Ruhestand in "Der Maulwurf", der von Jacques Brel nervlich terrorisierte Killer in "Die Filzlaus" und der Auftragsmörder in José Giovannis "Im Dreck verreckt". In den Arbeiten mit Giovanni kam auch Venturas romantische Seite heraus. Er spielte ebenso überzeugend, kompetent und verlässlich in komischen Krimis ("Nimm's leicht, nimm Dynamit"). Venturas schönste Rolle war die des Abenteurers an der Seite von Alain Delon in Robert Enricos "Die Abenteurer" (1966). Obwohl erklärter Publikumsliebling, entzog sich Ventura konsequent dem Starrummel und richtete ein Zentrum für geistig behinderte Kinder (wie seine eigene Tochter) ein.